Tilman Küntzel

UNITS für Stare zum Lehren von Tonfolgen 2004

Podewil, Eingangsbereich Aussenwand
Versuchsanordnung Botanischen Garten, Berlin-Dahlem 2005

Die Mimesis, die Nachahmung der Natur, ist für die Künste die Inspirationsquelle par exellence und das seit Urzeiten. In der Klangökologie wird die Wahrnehmung des urbanen akustischen Umfeldes entdeckt und nach ästhetischen Gesichtspunkten bewertet. In diesem Sinne ist diese Installation auch ein klangökologisches Projekt. Mir geht es jedoch um mehr als um das Hinhören im Sinne einer „Behübschung der Welt“ oder eines „ameublements“ im Park. Dazu übersteigt der Gesang des Stare, der in einer Gesangsphrase eine Vielfalt von Bausteinen einbindet, die nicht länger als eine halbe Sekunde lang sind und sich vornehmlich in der Einleitungsphase befinden, die Trägheit unserer auditiven Wahrnehmung. Vielmehr fasziniert mich hierbei der „organisch transformative“ Prozess des Vermitteln von mimetischen Gesangsbausteinen an die nächste Generation, die individuell gestaltete Strophenbildung mit eindeutigem Formenaufbau incl. Variablen, sowie die kognitive Steuerung des Vortrags, der, ermöglicht durch eine Doppelmembrane, zweistimmig rezitiert wird. Letztendlich geht es um musikalische Komposition. Hier eröffnen sich Fragestellungen der Wahrnehmung, Kreativität, Individualität und Ästhetik. Für den Singvogel ist die Gesangs- und Improvisationskunst eine arterhaltende Notwendigkeit, aus der heraus er seinen Strophenaufbau gestaltet, der den Regeln musikalischer Komposition alle Ehre erweisen kann. Durch die Fähigkeit der Imitation von Klängen und Geräuschen seiner Umwelt betreibt er Mimesis im umgekehrten Sinne.

Units für Stare, zum Lehren von Tonfolgen ist eine pseudowissenschaftliche Versuchanordnung. Sie besteht aus fünf Elementen, die optisch an Nistkästen erinnern und wie diese über eine Sitzstange verfügen. Setzt sich ein Vogel darauf, löst er damit eine Klangfolge aus, die von einem Lichtspiel aus verschiedenfarbenen LEDs begleitet wird. Die Funktionsweise und der Einsatz dieser Elemente ist an Erkenntnisse der Bioakustik angelehnt, in der das Hören, Imitieren und Rezitieren von Klängen der Umwelt bei Singvögeln erforscht wird. Worauf ich in meiner Beobachtung verzichte, sind die kontrollierten Bedingungen, durch die eine solche Versuchsanordnung zu wissenschaftlich relevanten Ergebnissen führen könnte. Die Installation stellt ein Angebot an die wild lebenden Vögel dar, ihr Gesangsrepertoire zu bereichern.